Um 7 Uhr standen wir erst auf. Wir hatten alle 5 sehr gut geschlafen. Wir wollten an diesem Tag erst richtig rein in die Berge und in den Bayerischen Wald, und zwar hatten wir vor, über den Dreisesselberg nach Frauenberg zu wandern. Wir gingen schon früh los, um nicht wieder in der größten Hitze unterwegs zu sein. Wir gingen den Witikosteig entlang, der vom Rosenberger Gut direkt zum Dreisessel hoch führt. Dieser Weg ist nach dem Werk des österreichischen Dichters Adalbert Stifter „Witiko“, das er auf dem Rosenberger Gut geschtieben hat, benannt worden. Jetzt umfing uns der Bayerische Wald erst richtig, riesige Wälder, die auch heute noch teils unberührt durch des Menschen Hand werden und vergehen. Das sind noch Urwälder, echte Stücke der Natur. Um 11 Uhr waren wir bereits auf dem 1312 m hohen Dreisesselberg, der einer der 3 Gipfel des Dreisesselberges ist, angekommen. Das letzte Stück liefen wir ganz dicht an der Grenze zur Tschechoslowakei entlang. Die Tschechoslowakei läuft in einem Keil auf den Dreisesselberg hinauf. Man kann hier praktisch über die Tschechoslowakei springen, denn am Zipfel der Grenze ist sie nur etwa 30 cm breit. Nachdem wir den Dreisesselfelsen von hinten bestiegen hatten, stellten wir dort oben wirklich 3 in den Felsen eingewaschene sesselartige Vertiefungen fest. Der Sage nach sollen hier einmal die Könige von Bayern, Österreich und Böhmen gesessen haben und über die Verteilung ihres Landes beraten haben. Heute noch treffen in der Nähe des Berges 3 Grenzen zusammen: Österreich, Deutschland und die Tschechoslowakei. Diese Gegend wird in den Werken Adalbert Stifters besonders verherrlicht.
Wir trafen dort oben noch mehr Wanderer an, aber auch Autofahrer. Auf den Dreisesselberg hat man nämlich in letzter Zeit eine Straße hochgeführt. Dann haben wir im Unterkunftshaus des Bayerischen Waldvereins eine Tafel Schokolade und für 0,45 DM einen Teller Erbsensuppe mit Speck gegessen. Den Speck hatten die Brüder in Breitenberg geschenkt bekommen.
Auf dem Dreisessel war es doch kühler als im Tal, und wir konnten das Essen, nachdem wir am vorhergehenden Tag ja so gut wie nichts gegessen hatten, schon vertragen. Das Wetter war uns jedoch hold geblieben. Es war herrlicher Sonnenschein und warm. Nachdem wir noch ein paar Karten geschrieben hatten, gingen wir zum mittleren Gipfel des Dreisesselberges. Dann kam der 1332 m hohe Hochstein an die Keihe, der höchste der 3 Gipfel des Dreisesselberges. Vom Dreisesselberg hatten wir eine Aussicht nach Süden und Westen, vom Hochstein hatten wir jetzt eine herrliche Rundsicht, außer auf die Südseite runter. Unter uns lagen die tiefen Wälder der bömischen Seite. Dort oben war es sehr windig. Wir konnten unter uns ganz deutlich den Verlauf der tschechischen Grenze sehen.
Dann begannen wir wieder den Abstieg, wobei wir die sogen. Skibahn benutzten, die von hier aus direkt nach Frauenberg geht. Auf einer kleinen Lichtung angekommen, bemerkten wir, daß hier sehr viele Blaubeeren waren. Wir legten unser Gepäck ab und pflückten Blaubeeren. Hans aß keine und pflückte für mich mit. Wir haben hier eine ganze Weile gepflückt. Das ging sehr schnell, die Büsche waren so voll, daß wir nicht wußten, wo wir mit dem Pflücken anfangen sollen. Ich allein hatte da mindestens 0,5 kg verzehrt. Dann haben wir im Wald noch gesungen und sind schließlich nach Frauenberg weitergegangen. Der Weg stieß genau auf die Jugendherberge. Hier war viel Betrieb, und wir gingen nach der Anmeldung wieder nach draußen auf die Wiese über der Herberge. Dort haben wir nochmals zu der Gitarre, die Andreas mithatte, gesungen. Dann teilten wir uns eine Dose Fleisch, die Hans, der uns am nächsten Tag verlassen wollte, mithatte. Sein Vater ist Schlachter, daher wollte er die Dose nicht wieder mitnehmen. Dann aßen wir in der Herberge ein warmes Abendbrot, Makkaroni mit Tomatensauce. Draußen wurde es inzwischen diesig und es fing auch an zu regnen. Wir sind dann, nachdem wir noch unsere weitere Wanderroute durchgesprochen hatten, auch bald zu Bett gegangen, denn wir waren sehr müde.