In der Nacht, gegen 1 Uhr, kam ein Rollerfahrer mit Beifahrer die Straße lang und fuhr, als er uns sah, zu uns hin, sich die Nummer merkend. Dies kam uns, die wir aus Norddeutschland kamen, komisch vor, denn bei uns parken in warmen mondhellen Sommernächten doch überall Wagen.
Um ca. 2 Uhr war der Mond untergegangen. Als wir uns dann auf die Sitze legten, die Fenster bis fast zugedreht hatten und die Türen von innen geschlossen hatten, schliefen wir etwas ein. Kaum waren wir, auf den Sitzen liegend, eingenickt, als sich dem Auto schleichende Schritte näherten. Georg hatte im Affekt sofort auf die Hupe gedrückt und laut “ Hans “ gerufen. Ich war aber auch bereits hoch, und wir haben dann vorsichtig die Gegend um das Auto, von innen des Autos her, abgesucht, wobei wir natürlich nicht in das Kornfeld und in der toten Winkel, den der Wagen bildet, sehen konnten. Jedenfalls hatten wir einen mächtigen Schrecken bekommen und merkten jetzt erst, was der Bayerische Wald alles zu bieten hat. Wir haben nicht mehr schlafen können, und so lauschten wir in die Stille. Wir hörten tief drunten im Tal der Ilz einen Zug pfeifen, wobei wir ein unheimliches und langes Echo hörten. Als der Zug abgefahren war, hörten wir noch nach etwa 30 Min. sein Pfeifen!
Dann beobachteten wir noch Hasen und Rehe, die bis dicht an unser Auto rankamen. Während der ganzen Nacht leuchteten in unserem Blickfeld nur 5 Lichter zu uns herüber, die aus der Richtung von Hutthurm stammten, sonst war alles unbeleuchtet und keine menschliche Siedlung zu erkennen. Um 430 Uhr hörten wir Nachrichten, und ich beobachtete danach, während Georg doch noch eingeschlafen war, einen wunderbaren Sonnenaufgang. Dann bereitete ich bis 655 Uhr unsere Wanderung näher vor. Gegen Morgen war es doch recht kühl geworden, aber nach Sonnenaufgang wußte ich bereits, daß wir wieder einen sehr heißen Tag bekommen würden. Es war jetzt bereits warm draußen und kaum Wind. Bei völlig wolkenlosem Himmel brannte die Sonne bereits auf unser Auto. Um 7 Uhr machten wir uns fertig. Wir zogen wieder unsere kurzen Hosen und kurzen Hemden an und wuschen anschließend mit dem Morgentau den Wagen. Dann packten wir unsere Affen und aßen Frühstück.
Danach fuhren wir nach Kalteneck zum Bahnhof, wo wir uns nach den Zügen erkundigten. Dabei überkam mich ein leichtes Unwohlsein, was aber schnell wieder verging.
Dann ging es zur Jugendherberge. Dort fragten wir nach einer Unterkunft für unsere 14 Wandertage für unser Auto. Die sehr natte Herbergsmutter sagte uns, wir sollten mal den Müller nebenan fragen, der hätte genug Platz. Dann erzählte sie uns noch, daß man uns bereits der Polizei anzeigen wollte, da die Dorfjungens glaubten, wir wären Verbrecher, die ein Auto gestohlen hätten oder ähnliches. Jedenfalls wurde uns da einiges klar, was wir in der Nacht erlebt hatten.
Nachdem wir bei dem sehr freundlichen Müller an der geschützten Nordseite seines Hauses unseren Wagen abstellen durften, brachten wir noch einen Koffer in die Jugendherberge zur Aufbewahrung und baten die Herbergsmutter darum, daß sie ab und zu mal nach dem Auto sieht, was sie auch versprach. Dann fuhren wir mit dem Zug um 1026 Uhr von Kalteneck nach Passau, am Zusammenfluß von Inn, Ilz und Donau gelegen.
Dort holten wir Geld von der Post ab, kauften uns neue Filme und vor allen Dingen geeignete Wanderkarten und anschließend noch Bananen, einen kleinen Kuchen und Buttermilch, die wir vor dem Bahnhof verzehrten, während wir auf den Bus warteten. Um 11 Uhr zeigte das Thermometer schon 30°C im Schatten und 41°C in der Sonne an! Um 1230 Uhr, nachdem wir zunächst in den verkehrten Bus gestiegen waren, ging es dann nach Untergriesbach. Nach 1 Stunde Fahrt kamen wir dort an, und nun ging es bei glühender Hitze von 32 – 35 °C im Schatten nach Wegscheid. Wir konnten aber nicht im Schatten gehen, denn dieses Stück verlief nicht durch Wald. Jetzt wurden wir erstmal mit den Gegebenheiten des Bayerischen Waldes, von dem wir ja so gut wie keine Ahnung hatten, bekannt gemacht. Wir wollten erst einen Waldweg gehen, dies war uns aber nicht möglich, da umgefallene Bäume den wohl sehr selten begangenen Weg unkenntlich gemacht hatten und wir uns sicherlich total verlaufen hätten. Über Grub und Oberötzdorf gingen wir nach Wildenranna. Dann benutzten wir aber eine auf unserer Karte als Straße dargestellte Straße, die aber höchstens ein sehr schlechter Weg war. An einem ganz ärmlichen Bauernhof im Stierbachtal kamen wir vorbei, und der Bauer fragte uns, ob wir nicht schon mal dort gewesen wären, vor 2 Jahren wären da nämlich schon einmal 2 Wanderer vorbeigekommen, ob wir das nicht sind?
Wir hätten ja am liebsten unsere Hemden ausgezogen, aber die Stechmücken, die hier in großen Scharen auftraten, stachen uns derart, daß wir nur immer um uns schlagen mußten. Es war so heiß, daß wir mit unseren Schuhen der Länge nach Pfützen und kleine Quellen ausmaßen. Das war eine angenehme Erfrischung, aber schon nach etwa 15 Min. waren die Schuhe immer wieder trocken, und die Sonne brannte uns erneut auf die Füße.
Ganz ermattet erreichten wirschließlich die Stadt Wegscheid, die in über 730 m ü. N.N. liegt. Wir hatten sie erst im letzten Augenblick gesehen. Von den umliegenden Hügeln, die 750-800 m hoch sind, soll man bei guter Sicht die österreichischen Alpen sehen können. In dem ersten besten Geschäft kauften wir uns einige Flaschen Sprudel, den wir, als wären wir Fässer ohne Boden, in uns hineinkippten. Außerdem kauften wir uns noch Obst. 3 Stunden und 15 Min. waren wir nur gelaufen, und trotzdem waren wir mehr kaputt, als wie an einem ganzen Tag auf der Wanderung in der Rhön!
Nachdem wir auf der Suche nach der Jugendherberge einige Male durch den Ort geschickt wurden, der mit seinen 2700 E. als Kreisstadt gilt, fanden wir schließlich doch noch die in einer Schule untergabrachte Herberge. Eine nette Herbergsmutter wies uns unsere Betten zu. Wir duschten uns jetzt erstmal richtig, denn den vielen Schweiß mußten wir ja wieder loswerden! Dann fühlten wir uns wie neugeboren. Zum Abend machten wir einen Spaziergang durch den gesamten Ort, und wir sammelten jetzt die ersten Eindrücke über den Bayerischen Wald und seine Bewohner. Die Menschen sind hier anscheinend viel genügsamer als wir, vielleicht auch glücklicher, aber auch wesentlich gastfreundlicher als wir bzw. die Menschen in vielen anderen deutschen Gebieten! Wir kauften uns noch 2 x Eis, und das war, außer den Tomaten, die wir in der Jugendherberge aßen, unser Abendbrot. Was anderes konnten wir wegen der Hitze des Tages nicht vertragen.
In der Herberge haben wir noch mehr Fußwanderer angetroffen gehabt. Dadurch, daß das Haus sehr dicke Mauern hatte, war es etwas kühler in den Räumen, und wir konnten verhältnismäßig schnell einschlafen.