Es war wieder Sonntag. Um 8 Uhr stand ich erst auf. Draußen schien die Sonne, und es war sehr klar. Helmut, Berthold und ich machten einen Spaziergang zur Steinkammer hoch. Es war einfach herrlich, so am Sonntagmorgen. In der Steinkammer, in etwa 750 m ü.d.M., war es totenstill. Auf einer kleinen freien Fläche in einem Seitental, welches nur zu Fuß zu erreichen ist, machten wir einige Fotoaufnahmen mit Selbstauslöser. Die Steinkammer ist kaum zugänglich, von der Zivilisation ist hier nichts zu sehen. In den Kiefern wehte nur der Wind, der einzige Laut, der hier oben zu hören war. Als wir abstiegen, waren herrliche Wolken aufgekommen, die Sonne blieb aber zu sehen. Es war dabei ganz klar, wir konnten den Vogelsberg, die Milseburg und die Wasserkuppe gut sehen. Nachdem wir dann noch ein sehr gutes Mittagsessen zu uns genommen hatten, brachte mich Helmut mit seinem Motorrad zum Bahnhof nach Flieden. Um 1317 Uhr fuhr der Zug ab Flieden los. Der Abschied fiel mir schwer, aber was hilft das? Um 1532 Uhr war ich schon in Melsungen, nachdem ich in Fulda und Bebra umgestiegen war. Die Fahrt kostete 10,-.
Auf dem Bahnhof in Melsungen traf ich beim Aussteigen aus dem Eiltriebwagen 2 Mädchen, die einen Rucksack trugen. Ich dachte mir da gleich, ob die wohl auch die Ferienwanderung mitmachen wollen, die an diesem Tage begann? Ich war aber zu schüchtern, um diese Mädchen daraufhin anzusprechen. Sie gingen vom Bahnhof aus nach rechts, und ich ging nach links nach Melsungen hinein. Ich machte erst noch einen kleinen Spaziergang durch Melsungen. Da ich bereits schon in der Jugendherberge übernachtet hatte, fand ich diese auch ziemlich schnell. Wen traf ich aber vor der Herberge? Die beiden Mädchen! Auch jetzt habe ich sie noch nicht angesprochen gehabt, sondern nur gegrüßt. Wit einem Radwanderer, dem ich ebenfalls vor der Jugendherberge begegnete, machte ich bis 17 Uhr einen Spaziergang durch Melsungen. Dann wurde die Jugendherberge aufgemacht und die Teilnehmer an der Ferienwanderung vom Herbergsvater in den für uns bestimmten Raum 107 geschickt. Jetzt erst wußte ich, daß diese 2 Mädchen auch dazu gehörten. Nachdem wir unsere Gepäckstücke dort abgelegt hatten, gingen wir 3 zu einer Bundeswehrausstellung, die direkt an der Jugendherberge stattfand. Um 18 Uhr waren wir wieder zurück, denn um diese Zeit war der Beginn unserer Wanderung angesetzt. Es hatten sich bereits 6 Mädchen eingefunden, und ich war dort als einziger Junge zwischen. Nachher sagten mir die Mädchen noch, daß ich der einzige Junge sein werde, der sich für diese Wanderung gemeldet hat. Mir wurde da schon Angst und Bange, daß ich jetzt 14 Tage nur mit Mädchen auskommen sollte. Aber ich würde angenehm enttäuscht! Um etwa 1845 Uhr kam unser Wanderleiter, Herr Gunkel, der erst später, als vorgesehen, von Kassel losfahren konnte und somit jetzt Verspätung hatte. Wir hatten aber auf Anweisung des Herbergsvaters schon den Tisch gedeckt und mit dem Essen angefangen. Zur Einleitung des Essens sang ich das Lied „In dem dunklen Wald von Paganowo“, zum allgemeinen Gaudi der im angrenzenden Raum anwesenden Schulklassen und zum Auftakt für unser erstes gemeinsames Mal.
Herr Gunkel brachte seine Tochter Hildegard, seine Nichte Hildgund, seine Frau und einen Hund sowie noch eine weitere Wanderin, die Hildegard II, mit. Wir waren somit 9 Mädchen, 1 Junge, Herr Gunkel mit Frau und 1 Hund. Wir haben nach einer gegenseitigen kurzen Vorstellung aller Teilnehmer dann noch einen Spaziergang durch Melsungen gemacht, bei dem dann die Begriffe Renaissance, Gotik, Romanik, Wilder Mann usw. nur so erläutert wurden, daß man Angst bekommen konnte.
Nach einem schönen Sonnenuntergang war dann der Tag für uns abgeschlossen. Die Mädchen schliefen für sich in einem Raum, Herr Gunkel und Frau schliefen für sich und ich schlief mit noch anderen Wanderern in einem weiteren Raum.