4. Tag 24.5. Güntersen — Reinhardswald


Es war eine sehr stille Nacht hier auf dem Bauernhof, der weitab allen Verkehrs liegt. Komische Träume schreckten mich in der Nacht auf.

Draußen ist es noch teilweise bewölkt, aber die Sonne scheimt mir trotzdem ins Fenster. Es ist erst 645 Uhr, aber trotzdem werde ich mal aufstehen, denn unter mir regt es sich auch schon. Wenn man so gut geschlafen hat, kann man auch nicht mehr länger im Bett liegen bleiben.

Eben wird der große Steinbrecher vom Backenberg angestellt. Auch der Backenberg besteht zum größten Teil aus Basalt und wird abgebaut. Der Steinbruch auf dem Berg gehört zum Gut Adelebsen. Eine Drahtseilbahn mit großen Loren bringt den Splitt usw. nach Adelebsen. Teilweise werdem die Steine auch mit riesigen Lastkraftwagen ( bis 25 t Tragfähigkeit ) von hier direkt abgeholt.

Ein gutes Frühstück wurde mir gereicht. Um 9 Uhr sitze ich bereits wieder auf meinem Drahtesel. Ich habe jetzt wieder mehr zu schwitzen, denn mein Proviant hat inzwischen wieder zugenommen.

Ich lasse mir sehr viel Zeit mit dem Rad, denn die Strecke, die ich heute zurückzulegen gedenke, ist nicht sehr groß. Um 11 Uhr bin ich erst mitten im Niemetal. An einem Forstweg lasse ich mich zur Mittagsrast nieder. 4 Eier und eine dicke Scheibe Brot waren zur Stärkung gerade richtig.

Am Morgen war es ziemlich kühl gewesen,und ich hatte mich daher auch schön dick angezogen. Jetzt wurde es mir aber an dieser windgeschützten Stelle, zumal auch noch die Sonne weiter rausgekommen war, recht warm. Ich ziehe meinen Anorak und den dicken Pullover aus und sonne mich etwas. Es ist hier einfach herrlich! Kein Laut von der Zivilisation zu hören. Der Wind rauscht in den Bäumen, die Vögel singen,und der Niemebach murmelt leise vor sich hin. Die Wolken ziehen auf einmal sehr schnell dahin und verdecken ab und zu die Sonne. Es wird doch wohl keinen Regen geben?

Um 12 Uhr fahre ich weiter. Ich muß jetzt viel bremsen, denn es geht sehr steil abwärts der Weser zu. Nach nur wenigen Minuten bin ich im Klostergut Bursfelde. Alles liegt hier in tiefster Ruhe. Um diese Zeit scheint sich auf dem kleinen Gut nichts zu rühren. Bursfelde war früher eine Hugenottensiedlung. Eine schöne romanische Klosterkirche, um 1090 gegründet, zeugt noch vom Zentrum einer bedeutenden Reformbewegung des mittelalterlichen Klosterlebens, das Bursfelde einmal war. Bursfelde ist außerdem eine alte Fährstelle für den Weserübergang. Ich fahre aber weiter nach Gieselwerder, einem alten Fischerdorf an der Weser, das im 10. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt wird. Es liegt in 102 m Höhe und hat immerhin 1500 Einwohner.Von Hann. – Münden kommend, ist dies die erste Brücke über die Weser. Auf der Westseite der Weser, in Gottstreu ( ein kleiner Ort in 250 m Höhe gelegen, etwa 420 Einwohner ) überrascht mich ein kräftiger Regenguß. Dieser hörte aber genau so schnell wieder auf, wie er kam. Naß bin ich nicht geworden, da ich mich noch schnell unter einen großen Baum stellen konnte. Nun fahre ich weiter Richtung Jugendherberge Reinhardswald. Die neugemachte Bundesstraße ist kaum befahren. Der Himmel wird plötzlich wieder richtig schwarz. Ob ein schweres Gewitter oder zumindestens noch ein kräftiger Regenschauer folgen wird? Aber es kommt nichts derartiges.

An der Kiesbaggerei, gegenüber von Bursfelde, lasse ich meine Sachen im Sonnenschein trocknen. Die Straße ist bis auf einige Pfützen auch wieder trocken. Bald darauf sehe ich rechts oben tief im schönsten Frühlingsgrün des Reinhardswaldes die Jugendherberge, die eine der am schönsten gelegenen Jugendherbergen ist. Von der Straße aus muß ich noch einen schönen Berg hoch zur Jugendherberge schieben. Um 15 Uhr bin ich endlich oben angekommen.

Jetzt mache ich noch ein zweites Mal Mittag. 2 Brötchen mit meinem aus Holland stammenden Käse und eine große Dose Dosenmilch müssen noch dran glauben.

Um 17 Uhr bin ich mit allem fertig. Jetzt höre ich, daß in dieser Jugendherberge Hausschuhe getragen werden sollen, um den Fußboden zu schonen. Da ich keine mithabe, ziehe ich meine Sandalen an.

Am Abend ist ein Schäfer mit einer sehr großen Schafherde vor die Herberge gezogen, um hier das Gras abfressen zu lassen. Die Herde wird nur von 2 Hunden bewacht! Der Schäfer ist, wie ich seinem Gespräch entnehmen kann, sehr viel rumgekommen. Er ist aus Gottsbühren. Diese Gegend kennt er natürlich im Schlaf. Mit der Herde zieht er laufend zwischen Deister und Knüll-Gebirge umher. Eine ganze Weile habe ich mich mit dem Schäfer unterhalten und dabei festgestellt, daß dieser auf vielen Gebieten sehr bewandert ist! Nach einem guten Abendessen, Bohnen gab es, banne ich noch den von Wolken umgebenen höchsten Berg des Reinhardswaldes, den 472 m hohen Staufenberg, auf die Platte.

Um 22 Uhr gehe ich dann schließlich zu Bett. In dem Raum schlafen noch Jungens einer gemischten Schulklasse aus Osten, bei Stade, die hier von der Schule aus sind.